Zukunft

Von Höhenflug zu Absturz: Die Achterbahnfahrt der Biotech-Finanzierung – eine Bestandandsaufnahme

Biotech-Finanzierung zwischen Boom und Bremse

2024 war eindeutig ein Hohenflug betrachtet man die Finanzierungsrunden für deutsche Biotechnologie Unternehmen. Die Branche verzeichnete 2024 einen starken Anstieg der Kapitalzuflüsse. In 2025 kämpfen allerdings viele deutsche Biotech-Unternehmen damit, frisches Kapital zu erhalten. Angesichts globaler wirtschaftlicher Unsicherheiten zeigten und zeigen sich sich Investoren (noch) zurückhaltend. Diese Vorsicht könnte die Finanzierung der Branche empfindlich schwächen.  Im nachfolgenden möchte ich in diesem Blogbeitrag eine Bestandsaufnahme und einen Ausblick aufzeigen, beginnend mit dem außergewöhnlichen Jahr 2024.

Finanzierungsboom 2024

Da sind sich alle einig, 2024 war ein herausragendes Jahr für die deutsche Biotech-Branche. Insgesamt sammelten die Unternehmen 1,9 Milliarden Euro an externem Kapital ein – ein Plus von 78 Prozent im Vergleich zu 2023 (1,1 Mrd. Euro), bereinigt um Sondereffekte in der Corona-Pandemie.

Besonders hervorzuheben sind:

  • Kapitalerhöhungen an der Börse inklusive Wandelanleihen: 999 Millionen Euro (+82%)
  • Zuwachs an Wagniskapital: 898 Millionen Euro (+68%)
    Anstieg der erfolgreichen Finanzierungsrunden von 21 in 2023 auf 32 in 2024
  • Dazu zählen große Runden bei Tubulis (128 Mio. Euro), CatalYm (140 Mio. Euro) sowie SciRhom (63 Mio. Euro).

Gründe für diesen Aufschwung waren…

Erholung nach der pandemiebedingten Kapitalflaute:
Die Jahre 2022 und 2023 waren von Zurückhaltung geprägt. 2024 setzte ein Nachholeffekt ein. Das Kapitalzuflussniveau von 2019 wurde mehr als verdoppelt.

Hoher medizinischer Bedarf:
Finanzierungen flossen verstärkt in Unternehmen, die Therapien gegen Krebs, Autoimmun- und neurodegenerative Erkrankungen entwickeln. Das überzeugte Investoren.

Erfolgreicher Börsengang:
Im Oktober 2024 ging die Pentixapharm AG aus Würzburg an die Börse. Zwar gab es europaweit nur vier Biotech-IPOs in 2024, gegenüber 26 in den USA, dennoch ist dies ein positives Signal.

Politische und strukturelle Initiativen:
Programme wie die WIN-Initiative und staatliche Förderungen verbesserten das Investitionsklima deutlich und ermöglichten Anschubfinanzierungen.

Internationales Investorenvertrauen:
Internationale Venture-Capital-Fonds feuerten ihre Aktivitäten in Deutschland an, überzeugt von der Innovationskraft der deutschen Biotech-Plattformen.

In der Summe verstärken sich diese Faktoren im Jahresverlauf und führten zu diesem rekordverdächtigen Kapitalwachstum.

Dunkle Wolken am Kapitalmarkt in 2025

Doch trotz des Erfolgs zeichneten sich für 2025 schon früh Herausforderungen ab:
Das erste Quartal 2025 zeigt eine starke Investoren-Zurückhaltung. Die Kapitalzuflüsse sanken auf 130 Millionen Euro (Q1 2024: 591 Mio.). Besonders das Wagniskapital brach auf ein Sechstel des Vorjahreswerts ein. Auch Kapitalbeschaffung über die Börse fiel deutlich geringer aus.

Herausforderungen 2025 im Detail

Politische Unsicherheiten durch die Anfang des Jahres anstehende Bundestagswahl sowie geopolitische Spannungen wirkten sich negativ aus.
Wirtschaftliche Turbulenzen wie Trumps Zollankündigungen (die immer wieder geändert, ausgesetzt, verlängert, verändert wurden) und Kürzungen bei Forschungsgeldern in den USA erschweren (immer noch) die Kapitalbeschaffung. Längere Zulassungsprozesse wegen Stellenstreichungen bei der FDA führen zu steigendem Finanzierungsbedarf.
 
Während Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen um 4% wachsen, sinken Umsätze um 8% und Beschäftigtenzahlen um 5%.
Etliche Unternehmen im Bereich der präklinischen Forschung mussten 2025 drastisch Stellen reduzieren oder sogar Insolvenz anmelden.
Nicht zu unterschätzen – Gelder fließen aufgrund der geänderten geopolitischen Situation in andere Industrien, wie z.B. Rüstung.

Wo liegen Chancen?

  • Die Innovationskraft bleibt hoch – vor allem in den Bereichen personalisierte Medizin, Digitalisierung und KI.
  • Verbände wie BIO Deutschland empfehlen den Ausbau von Matching-Fonds und neuen Anlageformen für institutionelle Investoren.

Ausblick auf 2026

Trotz der Herausforderungen birgt die aktuelle Lage auch Chancen. Die Kombination aus regulatorischer Modernisierung der EMA, wachsendem medizinischem Bedarf, erweiterten Fördermaßnahmen und innovativen Technologien macht 2026 zu einem vielversprechenden Jahr für deutsche Biotech-Unternehmen.

Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich von einer stabilen Finanzierung und stärkeren politischer Unterstützung ab. Die Branche steht 2025 an einem »Scheideweg«, an dem neue Finanzierungsmodelle und politische Weichenstellungen entscheidend sind.

Persönlich konnte ich in den letzten Wochen beobachten, dass Unternehmen für 2026 etwas optimistischer beim Thema Neueinstellungen sind. Den großen Aufbau von Arbeitsplätzen sehe ich im Moment nicht, hier bremst neben der wirtschaftlichen Situation auch der Fachkräftemangel. Ein kleiner Silberstreif ist erkennbar,eine vorsichtige Erholung und Wachstum können sich ergeben.

Quellen und zum Weiterlesen

EY German Biotechnology Report 2025
(Financing landscape: the 2024 biotech boom – ab Seite 42)

EY Pressemitteilung

Handelsblatt: Deutsche Unternehmen sammeln 80 Prozent mehr Kapital ein

Innovationen, Investments, Impact: Das HTGF Biotech-Jahr 2024 im Rückblick 

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